Hier können Sie sich den Podcast anhören:
Wie kommt es eigentlich, dass man für die gleiche Waschmaschine im selben Online-Shop am Wochenende einen günstigeren Preis angeboten bekommt als am Montag darauf? Und warum zahlen Sie für die Bahnfahrt von Bad Münstereifel nach Dresden mit dem ICE nur 20 Euro - und andere vielleicht 50?
Warum kosten manche Produkte oder Dienstleistungen zu einem Zeitpunkt x vielleicht 40 Euro - und kurz darauf 60 oder 20 Euro? Ohne dass die Unternehmen das ankündigen oder man das vorhersehen kann?
In dieser Podcast-Folge macht Kai sich auf die Spur der dynamischen Preisgestaltung. Warum setzen Unternehmen schwankende Preise ein, was steckt hinter dieser Verkaufsstrategie? Und: Dürfen die das überhaupt?
Wirklich neu ist das Thema nicht: Schon in den 1980ern waren die Luftmatratze und der Badeanzug im Juni teurer als im Januar. Dafür waren Schals und Wollpullover in der Vorweihnachtszeit teurer als im März. Auch bei Flugpreisen gab es schon immer Schwankungen.
Aber das Internet macht alles schneller und direkter. Sie gehen nicht mehr ins Reisebüro, wo Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aktuelle Preise aus Datenbanken raussuchen, sondern kaufen Ihrem Flug auf der Webseite der Fluglinie einfach selbst. Unternehmen können so sehr viel schneller reagieren und die Preise kurzfristiger anpassen. Seitdem es das Internet gibt, hat die dynamische Preisgestaltung deutlich an Fahrt zugenommen. Manche Unternehmen ändern ihre Preise ständig – teilweise mehrfach am Tag.
Sind die Preise denn wirklich so unterschiedlich, wie es sich anfühlt? Und bekommen Sie einen höheren Preis, weil Sie einen Artikel schon öfter angeschaut haben, weil Wochenende ist oder weil Sie den Shop über den Browser eines teureren Handys besuchen? Spioniert Sie der Shop aus und zockt Sie ab?
Unsere Kolleginnen und Kollegen von der Verbraucherzentrale Brandenburg haben das vor einiger Zeit mal gezielt untersucht. Sie haben sich rund einen Monat Tage lang die Preise von über 1000 Produkten bei Onlinehändlern angesehen. Das Ergebnis: Fast alle untersuchten Online-Händler änderten regelmäßig ihre Preise.1 Bei vielen beobachteten Produkten änderten sich die Preise mehrfach. Hinweise auf Preise, die auf Nutzer zugeschnitten oder abhängig vom jeweiligen Endgerät waren, fanden sie aber nicht. Die Details können Sie hier im Bericht nachlesen.
Klar, dass für diese schnellen Preisanpassungen niemand in den Keller gesetzt wird, der alle paar Stunden auf eine "Preisänderungstaste" drückt. Das macht ein Algorithmus. Es ist ein Programm, das bestimmt, wie teuer Ihr Flug oder Ihre neue Waschmaschine sein wird. Es beobachtet unterschiedliche Aspekte und reagiert blitzschnell.
Wie soll man da als Käufer den Überblick behalten? Dazu spricht Kai mit mit Professor Dr. Michael Schleusener. Er leitet das eWeb Research Center an der Hochschule Niederrhein und lehrt dort Betriebswirtschaftslehre mit dem Schwerpunkt Marketing.
Preise ändern sich ständig, im Ausnahmefall sind sie auch mal von Person zu Person unterschiedlich. Ein absolutes Massenphänomen sind solche personalisierten Preise aber wohl noch nicht.
Trotzdem sollten wir die Augen aufhalten. Wer sicher sein will, dass ein Preis gut ist, kommt um ausführliche Preisvergleiche auf verschiedenen Plattformen und Portalen nicht herum. Und sollte sich nicht von Marketingaktionen des Handels wie "Black Friday", "Cyber Monday" und Konsorten wuschig machen lassen.
Ob solche Preissteuerungen überhaupt erlaubt sind? Die Antwort ist ein klares "Kommt drauf an". Einerseits gilt natürlich: Niemand ist gezwungen, ein Produkt zu kaufen, das ihm zu teuer scheint. Andererseits darf niemand diskriminiert werden. Mit Preisen täuschen dürfen uns Unternehmen auch nicht - das wäre dann rechtswidrige Irreführung.
Wenn aber auch noch persönliche Daten ausgewertet werden, um individuelle Preise zu machen, ist man schnell auch im Bereich der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) – dafür braucht es eine "informierte Einwilligung" des Nutzers.
Mit individualisierten Preisen machen Discounter-Apps gerade die ersten Experimente. Ihre Algorithmen müssen lernen - und dazu brauchen sie möglichst viele Kundendaten, um Muster zu erkennen und dann möglichst passgenaue Angebote zu liefern, die die Nutzer sofort ansprechen. Lidl hat zum Beispiel eine sehr beliebte App herausgebracht. Sie sammelt die Daten der Nutzer und gibt dann individuelle Rabatt-Gutscheine auf Grundlage dessen, was die bisher gekauft haben. Der Discounter lockt mit Ersparnissen. Wenn solche Apps den Nutzerinnen und Nutzer auch noch Spaß machen, sollte man aber mal genau hinsehen: Ist das eigentlich noch in meinem finanziellen Interesse - oder doch nur im Interesse des Anbieters?
Gerade über spielerische Ansätze sind wir oft geneigt, doch nochmal den einen oder anderen Euro locker zu machen. Das läuft unter dem Stichwort "Gamification" und ist vielleicht eine Erklärung, warum die Lidl-App ein virtuelles Rubbellos integriert hat - für weitere Rabatte. Ist doch irgendwie ne Ecke interaktiver, wenn man den Rabattcode freirubbeln darf.